Fachvereinigung Edelmetalle




Fachvereinigung Edelmetalle

Pforzheim - 28.02.2017 - Am 28. Februar 2017 fand in Pforzheim das 9. Pressegespräch der Fachvereinigung Edelmetalle statt.


Dietmar Becker, Stellvertretender Vorsitzender der Fachvereinigung Edelmetalle, Vorstand | CEO Agosi, Pforzheim, sieht die deutsche Edelmetallwirtschaft in stabiler Verfassung, in einem allerdings instabilen Umfeld.

Permanent schwankende, aber insgesamt leicht steigende Preise sichern dem Recycling auskömmliche Mengen, obwohl weiterhin wertvoller Elektroschrott in Drittländer exportiert wird. Ein verlässliches, aber nicht gerade überragendes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts spiegelt sich in den wichtigen Abnehmerindustrien für Edelmetalle (Automobilindustrie, Elektronikindustrie, Chemie, Schmuck) nieder. Der Einsatz von Edelmetallen wächst hier auch nur verhalten. Trotz seines Rufes als „sicherer Hafen“ in Zeiten politischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten ist das Investmentgeschäft rückläufig. Investmentprodukte, die traditionell ein stark volatiles Geschäft darstellen, verzeichneten 2016 bei Gold einen Mengenrückgang von 20%.

Becker erläutert, dass etwa die Hälfte des Goldes in dekorative Anwendungen (Schmuck, Uhren, Lifestyle) geht. In Deutschland stabil, steht der Schmucksektor weltweit unter Druck (-20%), ausgelöst durch eine Nachfrageschwäche in China (- 16%). 30% des Goldes gehen in den Investmentbereich und 15% landen in der Industrie, deren Nachfrage weltweit 2016 um 7% zurückgegangen ist.


Fachvereinigung Edelmetalle e.V. 2017 Im Bild v. l. n. r: Dietmar Becker (Agosi), Georg Steiner (Heimerle + Meule) und Wilfried Held (Fachvereinigung Edelmetalle).


An der gesamten Goldversorgung in der Welt von ca. 4.525 t hat das Recycling einen Anteil von 1.280 t (+ 10%). Der Bedarf kann jederzeit gedeckt werden. Gold, das in Deutschland, aber auch weltweit in High-Tech-Anlagen verarbeitet wird, ist zudem „konfliktfrei“: Industrie-Initiativen und klare Compliance-Regeln weltweit stellen sicher, dass Gold verantwortungsvoll gehandelt wird.

Das Technologiemetall Silber sieht Becker in einer guten Verfassung. 55% gehen in Industrieanwendungen wie Elektrotechnik / Elektronik, Verbindungstechnik, Photovoltaik, Chemie. Der weltweite Absatz in diese Sektoren ist stabil. Schwächen (- 10%) zeigen sich bei Schmuck und Silberwaren. Bei einer weltweiten Silberproduktion von 30.400 t entstammen mehr als 80% der Minenproduktion (Zink-, Blei- und Silberminen).

Weitere Technologiemetalle sind die Platingruppenmetalle (Platin, Palladium, Rhodium, Ruthenium, Osmium, Iridium), die z.B. in Autoabgaskatalysatoren, Brennstoffzellen und in der Elektronik zum Einsatz kommen. Der Gesamtbedarf ist, wie Becker erklärt, 2016 weiter gestiegen, deutlich bei Autokats mit 40 %! Im Schmuckbereich gab es Schwächen wegen eines Nachfrageeinbruchs in China.

Becker betrachtet die Edelmetallindustrie als eine Schlüsselkomponente der technologischen und gesellschaftlichen Entwicklung der Menschheit. Ohne Edelmetalle könnten die meisten High-Tech und High-Fascination Produkte von heute und morgen nicht hergestellt und entwickelt werden. Die Edelmetallindustrie muss sich dabei täglich vielfältigen Herausforderungen stellen: sie muss höchste Qualität liefern, im Wettbewerb mithalten, ihre Lieferketten überprüfen, hohe Anforderungen im Umweltschutz erfüllen und ein verlässlicher Arbeitgeber mit hohen Löhnen und Lohnnebenkosten sein.
Bisher hat sich diese Industrie tapfer behauptet!

Georg Steiner, Vorsitzender des Arbeitsausschusses Edelmetallwirtschaft, Geschäftsführer Heimerle + Meule GmbH, Pforzheim, erläutert, dass die Schmucklegierungen 2016 erneut zurückgegangen sind. Deutliche Einbußen hat es bei 14 Kt Goldlegierungen gegeben. 8 Kt und 18 Kt Legierungen blieben stabil. Platin- und Palladiumlegierungen verzeichneten erneut eine höhere Nachfrage. Die europäischen Auslandsmärkte entwickelten sich ähnlich dem Inlandsmarkt.

Steiner erwartet in diesem Jahr für Schmuckhalbzeuge ähnliche Absatzmengen wie 2016. Begünstigt durch niedrigere Preise wird ein weiterer Anstieg bei Platin- und Palladiumlegierungen erwartet, auch bei reduziertem Edelmetallgehalt als Substitution für Goldlegierungen.

Der Absatzrückgang bei Edelmetall-Dentallegierungen setzte sich lt. Steiner weiter fort. Preisgünstigere Alternativen verdrängten unverändert die Edelmetalle. Steigende Zahnersatz-Importe aus Asien haben zu Schließungen deutscher und europäischer Labore geführt. Die Bedeutung der Edelmetalle bei der Herstellung von Kronen und Brücken dürfte auch 2017 weiter abnehmen.

Becker, Steiner und Wilfried Held, Geschäftsführer der Fachvereinigung Edelmetalle, erläutern ferner: Bedingt durch die Einzigartigkeit ihres Werkstoffes denkt die Edelmetallindustrie seit jeher in Materialkreisläufen: Aus Edelmetall wir ein Produkt hergestellt, benutzt, wieder eingeschmolzen, ein neues Produkt entsteht. Nichts geht verloren! Vorausgesetzt, das Recycling findet technisch auf höchstem Niveau statt, was in Deutschland und auch in Europa der Fall ist.

Im politischen Brüssel denkt man immer mehr in Kreisläufen. Man hat erkannt, dass Europas Edelmetalle sicher, umweltschonend und effizient wiedergewonnen werden. Wertvolle und seltene Metalle entstammen Europas „ Bergwerk über Tage“- unverzichtbar zur Sicherung des Rohstoffbedarfs einer modernen Gesellschaft. Damit sie alle wieder zur Verfügung stehen, bedarf es einer möglichst lückenlosen Einsammlung von Alt-Geräten und eines hochwertigen Qualitäts-Recyclings. Jedoch: beim Elektronikschrott, der Edelmetalle und weitere auch knappe Mineralien enthält, gelangen bedeutende Mengen nicht zu diesen High-Tech-Recycling Anlagen. Nur 25% können einem ordnungsgemäßen Recycling zugeführt werden. Der Rest landet auch auf dubiosen Wegen in Länder der Dritten Welt und dort vielfach in Hinterhof-Betrieben, die keine Rücksicht auf Menschen und Umwelt nehmen. Die Politik ist dringend aufgefordert, Maßnahmen zu einem besseren Vollzug („effektivere Kontrollen“) der Abfallgesetzgebung zu ergreifen.

Auf der anderen Seite gilt es, grenzüberschreitende Transporte zu zertifizierten europäischen Qualitäts-Recyclinganlagen zu erleichtern und zu beschleunigen. Auch der Konsument ist gefordert, seinen Anteil an der künftigen Rohstoffversorgung zu leisten. Er muss sein Rohstoff-Bewusstsein schärfen und seine emotionale Bindung an Handys und Smartphones lösen! Alt-Geräte gehören zum Recycling und nicht in die Schublade! Unterstützt werden könnte dies durch neue Geschäftsmodelle wie Leasing oder Pfand-Systeme.

Die EU wird in den nächsten Wochen ihre Beratungen über einen verantwortungsvollen Rohstoffbezug („Responsible Sourcing“) abschließen und eine entsprechende Verordnung in Kraft setzen. Es geht darum, sicherzustellen, dass u.a. der Kauf von Gold aus sog. Krisenregionen der Welt nicht zur Finanzierung von Krieg und Terror dient. Die Edelmetallindustrie hat die Vorschriften dieser Verordnung schon vor Jahren international in ihren Geschäftsmodellen fest verankert. Alle Wege der Wertschöpfung werden kontrolliert. Wer am Markt teilhaben will, muss sich dem unterordnen. Ohne Sorgfalt kein Geschäft!

Die EU hat dies in ihrer Verordnung auch entsprechend gewürdigt. Die Industrie-Initiativen, denen die Recyclingbetriebe und Gold-Verarbeiter angehören, wurden anerkannt. Die EU hat sich jedoch keinen Gefallen damit getan, dass für kleine Importeure, um diese von Bürokratie zu entlasten, Freigrenzen geschaffen wurden. Unterhalb dieser Schwellen greift die Verordnung nicht!
Schon kleinste Mengen an Gold jedoch haben einen hohen Wert, was zu Missbrauch einlädt.

Eine Freigrenze hat nur Nachteile:

  • Auch kleinste Fälle des Missbrauchs können dem Image großen Schaden zufügen;
  • Die Bemühungen der Industrie werden konterkariert;
  • Der Sinn und Zweck der Verordnung wird unterlaufen.


Die gutgemeinte Freischwelle erweist sich als Stolperschwelle. Sie muss schnell beseitigt werden!



Quelle: Wilfried Held - Fachvereinigung Edelmetalle e.V.